Informationen für Eltern von Schulanfängern
Häufig gestellte Fragen
Nehmen sie auch Kinder mit einer Körperbehinderung auf?
Ja, wir nehmen auch Kinder mit einer körperlichen Behinderung auf, wenn die geistige Behinderung die vorrangige ist. Ist eine Körperbehinderung vorrangig oder ist der pflegerische Aufwand so groß, dass wir diesen nicht leisten können, weil es an unseren Schulen keine Pflegekräfte gibt, muss Ihr Kind zur Schule für Körperbehinderte gehen. In Essen, ist das die Helen-Keller-Schule. An dieser Schule steht professionelles Pflegepersonal zur Verfügung.
Wie und wann geht es los?
Sie als Eltern bekommen ca. im September oder Oktober eine Benachrichtigung mit der Aufforderung ihr Kind (egal wie schwer es behindert ist!) bei der zuständigen Grundschule vorzustellen und es dort anzumelden.
Die Grundschule wird dann im Gespräch mit ihnen und mit ihrem Kind einen möglichen sogenannten „sonderpädagogischen Förderbedarf“ feststellen. Daraufhin wird sich die Grundschule, wenn bei ihrem Kind voraussichtlich ein besonderer Förderbedarf wegen einer geistigen Behinderung vorliegen kann, mit unserer Schule in Verbindung setzen.
So geht es weiter:
Von uns als Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung werden dann diese Informationen an das zuständige Schulamt weitergeleitet. Das Schulamt beauftragt ein Team über ihr Kind ein pädagogisches Gutachten zu erstellen.
Gleichzeitig wird auch die zuständige Amtsärztin beauftragt, ein medizinisches Gutachten über ihr Kind zu erstellen. Wenn ihr Kind wegen seiner Behinderung schon bei Ärzten und/oder in Kliniken in Behandlung ist, wäre es sinnvoll, wenn sie Patientenunterlagen zu der amtsärztlichen Untersuchung mitnehmen würden.
Wer entscheidet über den Schulbesuch?
Aufgrund des amtsärztlichen und des sonderpädagogischen Gutachtens entscheidet die zuständige Schulaufsicht über den vorrangig sonderpädagogischen Förderbedarf und über den entsprechenden Förderort, also in welche Schule ihr Kind dann gehen muss.
Die Voraussetzung für die Aufnahme in unsere Schule ist also die Zuweisung durch die zuständige Schulaufsicht.
Was kommt auf mein Kind und uns als Familie zu?
Der Übergang von der Kita zur Schule - ein neuer Lebensabschnitt mit neuen Erwartungen und Anforderungen
Anforderungen der Schule:
- ihr Kind soll sich in eine neue Gruppe und Organisation (Schule) eingewöhnen (beide größer als in der Kita) und sich dort zurechtfinden
- ihr Kind soll in einer größeren Gruppe lernen, selbständiger zu werden
- ihr Kind soll nach gemeinsamen Richtlinien im vorgegebenen Stundenplan unterrichtet werden
Die Vorstufe, die ihr Kind im Regelfall 3 Jahre besucht, hilft mit ihren Unterrichtsformen und -inhalten ihrem Kind bei der Umstellung und Eingewöhnung in die neue Schulsituation.
Angebote der Schule:
- ihr Kind lernt die neue Gemeinschaft (Klasse, Lehrer, Schule) kennen und lernt sich mit seinen Bedürfnissen in der Gruppe wohl zu fühlen, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, sie zu äußern und in die Gruppe einzubringen, sein soziales Umfeld zu erweitern und im Rahmen seiner Möglichkeiten das Gemeinschaftsleben mitzugestalten
- jedes Kind wird da abgeholt (Lernniveau, Wissen, emotionale, soziale, kommunikative Fähigkeiten) wo es sich befindet
- es gelten differenzierte bis individuelle Förderziele, um jedem Kind die Anpassung an die neue Schulorganisation zu ermöglichen (z.B. die Erweiterung der individuellen kommunikativen Fähigkeiten oder Abbau von Verhaltensweisen, die seine Entwicklung behindern und Aufbau positiver Alternativen, Aufbau von Lerntechniken und Arbeitsverhalten in der Gruppe)
- besonders in Eingangsstufen findet das Lernen noch spielerisch mit viel Spaß statt, die Kinder lernen handlungsorientiert, d.h. nicht aus Büchern oder Trainingsprogrammen, sondern in realen Alltagssituationen oder ganzheitlichen Sinnzusammenhängen (z.B. Körperpflege, Einkaufen)
- ein Schwerpunkt gerade bei den jüngeren Kindern ist das Lernen durch Bewegung (häufige motorische Störungen und Wahrnehmungsbeeinträchtigungen). Neben täglichen Bewegungszeiten im Sport- und Schwimmunterricht und der gestaltetenFreizeit bildet auch Lernen durch Bewegung und Wahrnehmungserfahrungen im Unterricht (z.B. farbige Bausteine mit dem Rollbrett sortieren oder Zahlen/Buchstaben großflächig auf den Boden geklebt nachgehen einen Schwerpunkt
- der Lerngegenstand wird für jedes Kind elementarisiert und reduziert auf das, was für das Kind wichtig ist Beispiel Einkaufen:
- selbständig nach gemaltem Einkaufzettel Lebensmittel im Geschäft finden
- auf einem Unterrichtsgang bei der Gruppe bleiben und sich im Geschäft an Mitschülern orientieren, evtl. Waren mit einpacken
- ungewohnte andere Umgebung Kaufhaus erleben mit anderen Geräuschen, Gerüchen, Lichtreklamen, eventuelle vorhandene Ängste und Abwehr abbauen
- der Tagesablauf in der Vorstufe ist sehr flexibel und bietet viel Raum zur Berücksichtigung unterschiedlicher Lernthythmen und Bedürfnisse. Weil sich die Schüler nicht so lange konzentrieren können, häufigere Wechsel der Sozialformen, Bewegung und Ruhepausen benötigen ist der Stundenplan sehr flexibel und das 45-minütige Stundenraster aufgehoben.
Die Traugott-Weise-Schule eine Förderschule
An Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung werden schulpflichtige Kinder und Jugendliche unterrichtet, die wegen massiven Einschränkungen ihrer geistigen Funktionen an anderen Schulen nicht mehr gefördert werden können. Neben den kognitiven Beeinträchtigungen unserer Schülerinnen und Schüler treten in der Regel erhebliche Entwicklungsverzögerungen der Sprache, der sozialen Kommunikation, der emotionalen Differenziertheit sowie motorische und Konzentrationsmängel auf.
Für die Aufnahme in die Schule gelten keine Aufnahmekriterien im Sinne von Mindestanforderungen, die ein Schüler erbringen muss, um aufgenommen zu werden, so dass auch Schülerinnen und Schüler mit schwersten Behinderungen die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung besuchen können.
Die Lernfelder, in denen wir unterrichten und erziehen orientieren sich an dem pädagogischen Auftrag unserer Schule, die Schülerinnen und Schüler zur "Selbstverwirklichung in sozialer Integration zu führen“. Sie sind darauf ausgerichtet:
- die eigene Person zu erfahren und ein Lebenszutrauen aufzubauen
- sich selbst versorgen und zur eigenen Existenzsicherung beitragen zu können
- sich in der Umwelt zurechtfinden zu können und sie angemessen zu erleben
- sich in sozialen Bezügen zu orientieren und bei ihrer Gestaltung mitzuwirken
- die Sachumwelt zu erkennen und zu gestalten
Die direkte Bezogenheit der Lerninteressen unserer Schülerinnen und Schüler auf vitale Bedürfnisse, ihre sach- und situationsverhaftete Ansprechbarkeit, sowie die weitgehende Gebundenheit des Gelernten an die Lernsituation, erfordern eine besondere Gestaltung des Schulalltags, um unseren Schülerinnen und Schülern möglichst lebensnahe Lernsituationen zu bieten.
Die Lerninhalte orientieren sich an den jeweiligen Bedürfnissen und Interessen der Schülerinnen und Schüler und können innerhalb der gleichen Lerngruppe je nach Schwere und Art der Behinderung sehr unterschiedlich sein.
Unsere Schulform gliedert sich in folgende Stufen:
- Vorstufe
- Unterstufe
- Mittelstufe
- Oberstufe
- Berufspraxisstufe
Die Stufen bauen aufeinander auf und ergänzen sich gegenseitig.
Als Besonderheit gibt es an unserer Schule „Familienklassen“, in denen Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Schulstufen und verschiedenen Altersjahrgängen in einer Klasse zusammengeführt und nach einem speziellen Konzept unterrichtet werden mit dem Ziel das soziale Lernen untereinander zu intensivieren. (mehr zum Thema)
(zu den Seiten der einzelnen Klassen)
Es gibt an unserer Schule:
- keine Jahrgangsklassen von 1-10 wie in anderen Schulen
- kein sitzen bleiben
- keine Notenzeugnisse, sondern Berichtszeugnisse
Um der sehr großen Heterogenität und Vielfalt unserer Schülerinnen und Schüler entsprechen zu können, wird an unserer Schule in vielfältiger Weise der Unterricht differenziert. Lernen geschieht in vielfältigen Unterrichtsangeboten vom Klassenunterricht über Gruppenunterricht, Kursunterricht und Gruppenarbeit bis hin zur Einzelförderung.
Eine wichtige Grundlage in unserer Arbeit bilden unsere individuellen Förderpläne für jede Schülerin und für jeden Schüler mit ein bis zwei spezifischen Schwerpunktsetzungen im individuellen Förderbedarf.
Ebenso vielfältig wie unsere Unterrichtsangebote sind die Lernorte, an denen wir unseren Unterricht realisieren:
Neben dem Unterricht in den Klassen, in Fachräumen, auf unserem Spielplatz und in unserer Sport- und Schwimmhalle sind auch die Schulumgebung, der Schlosspark, die Geschäfte in Borbeck und viele andere Orte, Lernorte, die wir in unsere Unterrichtsarbeit einbinden und häufig aufsuchen.
Beispielhafte Beschreibung eines möglichen Tagesablaufes
Die Schülerinnen und Schüler kommen mit Schulbussen in die Schule und werden von den Klassenlehrern empfangen und begrüßt. Je nach Selbständigkeit gehen sie alleine oder begleitet durch einen Klassenlehre einen Zivildienstleistenden oder einen Praktikanten zu ihrer Klasse.
Zunächst versammeln sich alle 11 Schülerinnen und Schüler mit der Lehrerin oder dem Lehrer im Stuhlkreis, um sich mit einem Lied zu begrüßen. Anita ist derweil mit einer Begleitung auf der Toilette, da für sie jeder Schultag mit einem Toilettentraining beginnt.
Nach der Begrüßungsstunde steht klassenübergreifender Kursunterricht auf dem Stundenplan. Die Schülerinnen und Schüler gehen in ihre Kurse zu den dort schon wartenden Lehrerinnen und Lehrern. Wer den Weg in den Kurraum noch nicht allein schafft, wird von den Lehrern, von Zivildienstleisten, Praktikanten oder auch älteren Schülern begleitet. Im Kursunterricht werden Schülerinnen und Schüler mit einem möglichst ähnlichen Lernbedarf im Bereich von Lesen und Schreiben unterrichtet.
Nach etwa anderthalb Stunden endet der erste Unterrichtsblock des heutigen Tages. Für das folgende Frühstück decken die SchülerInnen nun arbeitsteilig den Tisch. Einige holen das benötigte Geschirr und Besteck, andere besorgen die Lebensmittel, die im Kühlschrank oder Vorratsschrank lagern. Einige SchülerInnen arbeiten selbständig. Moussa, Anita und Waldemar üben unter Anleitung, Geschirr und Besteck richtig auf den Platzdeckchen zu positionieren.
Für den autistischen Kevin geht das alles viel zu langsam. Er hat sich die Milchkanne genommen und füllt seine Tasso so stürmisch, dass es eine große Pfütze gibt. Dieses Missgeschick macht ihn so wütend, dass er schreit. Für ihn ist es wichtig, dass er (weitestgehend) selbst seinen Platz wieder reinigt, um die Folgen seiner Handlungen besser verstehen zu lernen. Also geht eine Lehrerin mit ihm zum Waschbecken, um einen Lappen zu holen und mit ihm den Tisch zu reinigen.
Und dann müssen sich alle beeilen, denn es soll für den Hauswirtschaftsunterricht eingekauft werden. Für Anita, die sich auf kurzen Wegen in der Schule alleine bzw. mit geringer Hilfe bewegen kann, muss für die weiteren Wege in die Stadt ein Rollstuhl mitgenommen werden.
In der Stadt teilen sich die SchülerInnen in zwei Gruppen auf, um arbeitsteilig die verschiedenen Lebensmittel zu kaufen. Die SchülerInnen haben unterschiedlich schwierige Aufgaben übernommen, vom Lesen des Einkaufszettels, über die sachgerechte Entnahme der Waren aus dem Regal, das Bezahlen an der Kasse (mit abgezählten oder beliebigen Geldbeträgen) bis hin zum Transport der gekauften Waren. So ist jeder nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten am gemeinsamen Auftrag beteiligt. Die Klassenlehrern und evtl. Zivildienstleistende oder Praktikanten begleiten die Schülerinnen und Schüler und geben Hilfestellungen, soweit diese nötig sind.
Nach der Rückkehr in die Schule werden die Einkäufe sachgerecht gelagert, ehe es Mittagessen gibt. Ähnlich wie beim Frühstück sind alle wieder daran beteiligt, den Tisch für die gemeinsame Mahlzeit zu decken.
In der anschließenden „Gestalteten Freizeit“ gibt es in der Schule ein vielfältiges Freizeitangebot. Die Sportler können z.B. Fußball oder Tischtennis spielen, andere treffen sich montags in der „Disco“, wieder andere basteln, malen, puzzeln oder spielen Gesellschaftsspiele.
Neben organisierten Angeboten kann jeder auch aus einem freien Angebot wählen.
So wollen einige Schülerinnen und Schüler auf den Spielplatz, andere wollen auf dem Schulgelände Radfahren. Gemeinsam mit den Lehrerinnen werden die Räder aus dem Keller geholt. Aber nicht für jeden ist ein Rad da. Also müssen Absprachen bezüglich der Nutzung getroffen werden. Anita kann nicht auf einem Zweirad fahren. Für sie wird ein Dreirad mitgenommen. Sie braucht darüber hinaus auch Anleitung, um mit den Füßen die Pedale nach unten zu treten. Nach der Freizeit werden die Räder wieder weggeräumt.
Für die Schülerinnen und Schüler in jeder Klasse steht mindestens eine Lehrerin oder ein Lehrer bereit, um Anregungen oder Hilfen zu geben.
Kevin ist von seinem Missgeschick heute morgen immer noch erregt, außerdem hat ihn der Gang in die Stadt, die Unruhe durch den Straßenverkehr und die vielen Menschen sehr angestrengt. Seine Lehrerin möchte ihm gerne ein Angebot zur Entspannung machen. Da sie aber gerade eine Schülergruppe beim Schaukeln beaufsichtigt, bittet sie eine Praktikantin, mit Kevin wieder in die Klasse zu gehen, damit er in der Schmuseecke des Gruppenraumes eine Kassette mit Meditationsmusik hören kann.
Nach der Gestalteten Freizeit beginnt für die Unterstufe der letzte Unterrichtsblock. Heute steht Schwimmen auf dem Plan. Für die SchülerInnen bedeutet dies jedoch mehr als nur die Technik des Schwimmens zu erlernen.
Der Unterricht beinhaltet auch die vorhergehenden und nachfolgenden Phasen, wie das Auskleiden, Duschen, die Körperpflege und das Ankleiden. Für einige ist es erst in Ansätzen möglich, sich vollständig zu waschen.
Walid z. B. hat insbesondere mit den Verschlüssen an seiner Kleidung noch große Mühe. Da der Schwimmunterricht jedoch eine lebensechte und lebensbedeutsame Situation für das Aus- und Ankleiden bietet, haben die Klassenlehrerinnen für die entsprechenden Übungen mit ihm eine angemessene Zeit eingeplant.
Anita kann sich noch gar nicht alleine ausziehen und wird von einer Praktikantin unter Anleitung der Lehrerin versorgt. Sie muss im Schwimmbad noch eine sogenannte „Inkontinenzhose“ tragen, damit keine Körperausscheidungen ins Schwimmbecken gelangen können.
Im Wasser muss die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern ebenfalls differenziert werden. Während eine Gruppe von (Beinahe) Schwimmerinnen und Schwimmern die Technik des Brustschwimmens übt, versucht eine zweite Gruppe, einige Ringe vom Beckenboden zu holen und dabei den Kopf ganz unter die Wasseroberfläche zu bringen.
Für Anita und Kevin sind darüber hinaus besondere Übungen vorgesehen. Anita soll sich entspannt auf die Wasseroberfläche legen, während die Lehrerin sie an den Händen zieht. Kevin soll heute ein wenig weiter als nur bis zu den Knien ins Wasser gehen. Da ihm diese Anforderung große Angst bereitet, ist eine Einzelbetreuung für ihn in dieser Phase unabdingbar.
Nach dem Schwimmunterricht werden die Schülerinnen und Schüler von den Lehrerinnen zu ihren Schulbussen gebracht. Hinter ihnen liegt ein anstrengender Schultag, an dem sie vieles geübt haben, was sie in Zukunft unbedingt brauchen, um möglichst selbständig und selbsterfüllt ihr Leben gestalten zu können.
Liebe Eltern,
Sie sehen an dieser beispielhaften Beschreibung eines Schulalltages, dass sich das Lernen und Arbeiten an unserer Schule, der Tagesablauf, die Schulorganisation, die Unterrichts- und Erziehungsarbeit deutlich von anderen Schulformen unterscheidet.
Neben dem Unterrichten im herkömmlichen Sinne ist insbesondere die Erziehungsarbeit, aber auch die Vermittlung und das Einüben von lebenspraktischen und sozialen Fähigkeiten und Fertigkeiten von besonderer Bedeutung.